Samstag, 24. November 2012

XV - Cultural overkill

Ich bin kein Kunstliebhaber, zumindest nicht im klassischen Sinn. Und ich werde auch nie einer werden. Ins MoMA wollte ich dann trotzdem - denn wie ein absoluter Kulturbanause wollte ich mich auch nicht fühlen; auch, wenn das vermutlich von der Wahrheit gar nicht soooo weit weg gewesen wäre.



Begleiten wollte mich niemand ins Museum, also habe ich die Tour alleine angetreten. Und vor Ort? Da habe ich mehrere Dinge festgestellt:

1) "Modern art" ist gar nicht so modern, wie man denkt - van Gogh und Cézanne gehören da offensichtlich auch zu, auch wenn sie seit über 100 Jahren die Landschaften, die sie teils gemalt haben, von der Unterseite aus betrachten.

2) Edvard Munch hat nicht nur den Schrei gemalt (im Original übrigens ungefähr so deprimierend, wie ich ihn mir vorgestellt hatte), sondern auch noch diverse andere Gemälde und Zeichnungen produziert - kein einziges dieser Werke auch nur annährend lebensfroh.

3) Farbenfrohe Gemälde von Chagall, Kandinsky und Matisse sind nach einem schummrigen Raum voller Munch vermutlich die einzige Möglichkeit, den Museumsbesucher vom sofortigen Suizid abzuhalten. Kandinskys großes Vorbild war übrigens Richard Wagner - dabei kenne ich definitiv kein Bild einer Walküre von ihm...

4) Moderne Kunst, wie ich sie mir vorstellt hätte, gibt's aber doch auch - und eine Leinwand voller roter Farbe ist gar nicht so schlecht - zumindest im Vergleich zu einer Leinwand praktisch ohne JEGLICHE Farbe. Kunst ist übrigens beides.

5) Kunst ist übrigens auch die Tonaufnahme eines Hustenanfalls; zumindest, wenn der Husten von Yoko Ono stammt.

6) Kunst es es überdies auch, wenn man eine weiße Wand mit einer Luftpistole beschießt. Die Freiheit, diese Installation dahingehend abzuwandeln, dass man die Luftpistole weglässt, aber stattdessen in großen Buchstaben auf die Wand schreibt "Dies ist eine Wand, die mit einer Luftpistole beschossen wurde" ist dann offensichtlich keine Kunst im eigentlichen Sinn, sondern Freiheit in der Inszenierung seitens des Kurators.

7) Wenn nach 5 & 6 noch Fragen bleiben, was Kunst ist - und in meinem Kopf vor allem die Frage nach dem "Warum?", so ist das noch zu überbieten, indem man einen Radiosender installiert, der in einer der Gallerien dauerhaft Radiosenden ausstrahlt, ohne dass man die empfangen oder verschlüsseln könnte.

8) Auch ein großer Indoorflohmarkt ist Kunst, für die man anstehen kann - aber nicht muss, wenn man Flohmärkte dann doch nicht sooo künstlerisch findet.

9) Risiege Leuchtdildos, an die sich eine nackte Frau anschmiegt, sind vermutlich nur Kunst, wenn die Künstlerin einen möglichst unaussprechlichen Namen hat - in diesem Fall Alina Szapocznikow.

10) Man sollte einem Freund keinen Glauben schenken, wenn dieser behauptet, für das MoMa brauche man nicht mehr als zwei oder drei Stunden - im Nachhinein halte ich drei Tage für realistischer, auch, wenn ich mir dann noch mehr Blasen in einem einzigen Museum gelaufen hätte als jetzt schon.

11) Auch für einen Kunstbanausen lohnt ein Besuch im MoMa - ich kann allen New York-Besuchern nur dringend dazu raten!

Nach so viel Kultur war dann abends eine Stärkung umso wichtiger, diesmal in Form eines Korean BBQ im "New Wonjo". Viel zu viel Fleisch, gegrillt direkt auf dem Holzkohlengrill in der Tischmitte, dazu noch viel mehr Salat, Gemüse und Beilage - so viele Kalorien kann ein Körper an nur einem Tag gar nicht verbrennen. Und apropos verbrennen: Vorsicht bei der Platzwahl: Hinter unseren Stühlen wurden regelmäßig die Kohlenbehältnisse umgefüllt; für erklärte Frostbeulen der richtige Sitzplatz, bekam ich dann doch eher das Gefühl, als wolle mir jemand Feuer unter dem Hintern machen...

Zum Ende des Abends dann noch ein Cocktail in der VU-Bar, einer klassischen Rooftop-Bar, nebenan; in fast jeder anderen Stadt hätte man den Ausblick vom Dach im 14. Stockwerk sicher genossen, in Manhattan fühlt man sich tatsächlich eher eingekesselt von den Nachbargebäuden - und die Cocktails waren auch eher mittelmäßig gut... Der Blick aufs Empire State Building ist allerdings echt nett - vorausgesetzt, man bekommt den Kopf weit genug in den Nacken gelegt!







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