Montag, 26. November 2012

XVI - Broadway - und was davon übrig blieb.

Nach all den Tagen voller Essen, Trinken und Hochkultur (MoMA!) sollte der Dienstag ein Tag der Popkultur werden.



Sprich: Ein Abend am Broadway. Und wenn schon Broadway, dann natürlich bei einer der großen Produktionen, die man womöglich noch dazu in Deutschland (noch) nicht zu sehen bekommt. Mit diesen Grundvoraussetzungen dezimiert sich die Anzahl der Möglichkeiten bei Nerds wie uns schnell. Und da "Book of Mormon" laut Kritiken mit mehr Sprech- als Musikzeit glänzt, blieb am Ende praktisch keine Wahl mehr: "Spiderman - Turn off the dark" war das Ziel.

Ein Musical nach einer Comicserie, noch dazu mit der Musik von U2, was sollte da für uns Zuschauer schiefgehen?! Noch dazu, wo Nervenkitzel garantiert war: Bei den Proben vor der Uraufführung hatte es wohl mehrere Verletzte gegeben. Zugegeben: Die Kritiker waren nicht allzu begeistert von Stück und Inszenierung, aber Kritiker sind ja eh bloß immer neidisch auf alle, die eine Idee haben, die den Kritikern selbst nicht zuerst gekommen war.

Also rein ins Foxwoods-Theatre und schnell noch die passenden Gertränke gekauft: einmal "Green nemesis", einmal "Super slinger", einmal Gin Tonic - einer von uns dreien war nicht mutig genug für die farbenfrohen Getränke, die uns die Barfrau anpreisen wollte. Natürlich gab es die Drinks im passenden "Spidy-Cup"; und schon nach dem ersten Schluck war klar, dass das
Musical so schlecht sein könnte, wie es wollte - genug Alkohol, um ALLES gut zu finden, war definitiv vorhanden. Richtig lecker waren die Drinks dafür zwar nicht, aber dank der enthaltenen Umdrehungen war das spätestens mit halbvollem Spidycup vollkommen egal. Bei einem Refill der Becher hätte es noch dazu 5$ Rabatt pro Drink gegeben - dafür hätte ich aber jemanden bezahlen müssen, der mich aus dem Theater getragen hätte, also habe ich auf dieses großzügige Angebot verzichtet.

Der Inhalt des Musicals ist allen Comic- oder Filmfans mehr als vertraut: Nerdiger Schüler wird von einer Spinne gebissen, verwandelt sich in einen Superhelden, der die Decke entlanglaufen und mit Spinnennetzen um sich werfen kann, besiegt den Superschurken und seine Schergen und bekommt "nebenbei" das hübscheste Mädchen der Schule ab - alles wie im richtigen Leben halt.

Und Inszenierung und Gesamteindruck dieses Alltagsmärchens? Von gemischter Qualität... Die Musik mittelmäßig - der U2-Einfluss ständig präsent, aber ohne echte Ohrwurmqualitäten (das zumindest ist bei einem Lloyd-Webber-Musical immer anders), die Darsteller gut, aber nicht überwältigend, die Handlung abgedroschen, die Tanzszenen nett, aber nicht vom Hocker reißend.

Und trotzdem: Ein Besuch ist absolut zu empfehlen, und das aus zwei Gründen: Zum einen waren Kulissen und Bühnenbild absolut großartig - das Bühnenbild wie aus den Originalcomics, die Kulissen dazu passend, die Szenen auf dem Chrysler Building mit Blick in den (Comic-) Abgrund, das Ableben des Green Goblin von einem deutlichen "Splat!" in Bild und
Ton begleitet. Der andere Grund: Ansolut geniale Actionszenen der Hauptdarsteller an Seilen hängend im Theater; ein Großteil der Inszenierung spielt sich nicht auf der Bühne ab, sondern frei schwebend über den Köpfen der Zuschauer. Grandiose Idee und Umsetzung!!

Nach der rauschenden Siegesfeier unseres "Spidy" wurde flugs das nächste Taxi gestoppt - das Ziel: Brandy's Piano Bar in der Upper East Side. Das besondere an dieser Bar: Jeden Abend Livemusik von Broadway-gestählten Sängern und Pianisten - und sogar Kellnerin und Barmann haben eine Musicalvergangenheit und geben Kostproben ihres Talentes ab. An diesem Abend kam die Musik vor allem von Michael Isaacs, gekellnert und gesungen hat Madonna Byrnes (Schreibweise das Namens rein phonetisch...) und der Barmann - und Star! - des Abends war Joe Ardizzone. Meister Joe bestach nicht nur durch sein voluminöses Äußeres, sondern vor allem durch die noch viel voluminösere Stimme und seine mehr als markigen Sprüche.

Beispiele? Gibt's!
1) Während Joe seinen nächsten Song umschweifend einleitet, springt eine der jüngeren Barbesucherinnen auf und ruft "Joe, I'm single!" - die passende Antwort gab's postwendend: "Sorry, girl, not interested. Unless you got a gigantic surprise down that pants - and I mean GIGANTIC!"
2) Während einer von Joes Nummern quatscht einer der Gäste (gendergerecht: eine der Gästinnen) laut dazwischen, leugnet aber auf Joes Nachfrage hin, etwas gesagt zu haben, und schiebt die Schuld auf ihre Platznachbarin. Joes Reaktion: "Hey, she's an asshole AND a ventriloquist!"

Übrigens wird bei Brandy's fast schon erwartet, dass auch das Publikum seine Stimmen nicht schont - mitgesungen werden sollte allerdings nur, wenn man sich das wirklich zutraut.
Oder, um es mit Joe zu sagen: "If you know this song, I expect you to sing along. If you DON'T know the song, DON'T sing along! And I mean it: Don't fucking try to sing along!"





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