Mittwoch, 21. November 2012

XII - Parkraum in New York

In New York gibt es eigentlich alles, was der Herz begehrt. Eigentlich alles, denn eines gibt es erklärtermaßen nicht:



Platz.

Alles ist zugebaut, die Straßen sind eng, die Häuser bekanntermaßen groß - die Auen weit schweifen lassen kann man praktisch nur aus den oberen Etagen, sofern man hier höher steht als die umliegenden Gebäude.

Entsprechend sind auch Parkplätze in New York rar gesäht. Sicher, es gibt Tiefgaragen, diese sind aber oft genug so voll, dass die parkenden Autos auch noch in der Einfahrt in die Garage stehen und teilweise noch fast bis auf die Straße. Die Alternative zu Tiefgaragen sind hier aber nicht normale Parkhäuser, sondern Regalreihen, die schwer an die Abhollager manches schwedischen Möbelhauses erinnern - statt BILLY und PAX gibt's hier dann aber KIA und CHRYSLER im Hochregal. Und klar, man spart ordentlich Platz, wenn man Autos fünf- oder sechslagig stapelt; mir tun nur die Parkwächter leid, die immer erst die unteren Autos ausparken müssen, wenn der Besitzer eines der Autos in den oberen Reihen an seinen Wagen will. Vielleicht sollte jemand einen Hubwagen für Autoregale erfinden - damit könnte man hier sicher Geld machen.

Erstaunlicherweise bietet New York dann trotz des beengten Raumes und des Mangels an Platz zum Parken dann doch recht viel Platz zum Park. Den Samstag haben wir dann auch genutzt, um uns zuerst den größten Park der Stadt näher anzuschauen und danach den wohl ungewöhnlichsten.

Der Central Park ist genau das - zentral. Und außerdem ist er riesig. Der Aufenthalt hier wirkt teilweise fast schon surreal - man sieht durch die Bäume die Hochhäuser, man hört immer noch leise das Hintergrundrauschen der Großstadt, und dennoch fühlt man sich fast wie in einer ländlichen Idylle. Seen, Wälder, Wiesen, ein kleines Schlösschen mitten drin (Der Architekt von Belvedere Castle muss zu viele mittelalterliche europäische Burgen gesehen haben, dann aber entschieden, dass soviel Platz für eine Burg wie in Europa dann doch unnötig ist...), irgendwie wirkte das ganze eher unwirklich.

Den Aufenthalt im Central Park kann man hervorragend nutzen, um bei einer belgischen Waffel und einer heißen Schokolade ins Gespräch mit den amerikanischen Tischnachbarn zu kommen - immerhin, den um uns herum stattfindenden 60km-Lauf fanden auch die etwas merkwürdig...

Nach dem Central Park war das nächste Ziel die High Line - eine ehemalige Hochbahntrasse, die vom Hafen zu einem der großen Verladebahnhöfe führte. Schon vor Jahrzehnten stillgelegt, ist auf den alten Gleisen inzwischen eine zusätzliche Parklandschaft entstanden, die so über den Straßen Manhattans thront. Ein wenig schmal insgesamt und dadurch sehr voll wirkend, trotzdem ein schöner Ort für einen Spaziergang durch New York.

Der Samstagabend war dann einem Ausflug nach Williamsburg gewidmet. Von Manhattan aus einmal quer über den East River gelegen, kommen hier rasch Erinnerungen an Kreuzberg oder Neukölln auf - die Ähnlichkeit wird dadurch verstärkt, dass inzwischen ja auch in manchen Gegenden Neuköllns Englisch die Sprache der Wahl ist.

Als wäre es das Ziel unseres Gastgebers gewesen, uns nicht von heimischen Getränken abzubringen, landeten wir zuerst in der Surf Bar - mit überraschendeweise Reissdorf Kölsch vom Fass. (Erstaunlich: In Berlin ist es schwer, anderes als Gaffel Kölsch zu bekommen, 6000km weiter weg von Köln gibt's offensichtlich an jeder Ecke Reissdorf...). Getrunken habe ich dann aber doch die mexikanische Variante (Pacifico - schmeckt auch nicht so viel anders als Kölsch...).

Nach der Surf Bar war der nächste Anlaufpunkt die Radegast Beer Hall - erschreckend, wie viele Amerikaner auf Oktoberfestflair inklusive Weißwurst und Blasmusik stehen... Immerhin stammte die Musik nicht von einem Blasorchester, sondern von einer Band, die sehr balkanesque Musik gespielt hat. Um dieses Ambiente würdig zu genießen, trinkt die Amerikanerin auch mal ein Bier mit ihren drei Freundinnen - na wer von einem halben Liter verteilt auf vier Personen glücklich wird... Zwischen verschiedenen deutschen Bieren wird übrigens offensichtlich wenig Unterschied gemacht; auf Wunsch gibt's in der Beer Hall auch Kölsch (diesmal Gaffel) im Maßkrug...

Danach ging es in bester R(h)eintour-Manier (für Nicht-Rheinländer: Man geht in jede Kneipe r(h)ein, trinkt ein Glas nach Wahl und geht dann wieder raus...) in die East River Bar - Stammkneipe der "New York City Pirates", eines Fanclubs des FC St. Pauli aus Brooklyn - ausgestattet mit einem Trikot mit Originalautogrammen in einer Vitrine, einem Fußball mit Autogrammen in einer anderen, dazu Flaggen und Paulischals an den Wänden. Zu trinken gab's erstaunlicherweise kein Astra, sondern "Pabst Blue Ribbon Beer" aus Dosen - wer in Deutschland gerne Oettinger trinkt, wird PBR vermutlich lieben...

Da die Bar relativ leer war, nutzten wir die Gelegenheit auch, um endlich mal den aktuell erfolgreichsten Spielautomaten der USA zu testen - eine Runde Großwildjagd bei "Big Buck Hunter". Das Zielen übe ich noch, bevor ich das nächste Mal auf die Jagd gehe...

Nach dem Besuch in Williamsburg ging es auf speziellen Wunsch unseres Gastgebers hin nochmal ins East Village, um dort ein paar Freunde von ihm aus Deutschland bzw. der Schweiz tu treffen - gemeinsames Exil schweißt dann doch zusammen. Big Buck Hunter wurde in der letzten Bar übrigens auch gespielt, da konnte ich mir dann mal ansehen, dass wir als Deutsche wohl mit viel zu wenig Ernst bei der Sachen waren; wenn man das Automatenspiel zu Religion erhebt, kann man gleich viel erfolgreicher Computerhirsche erschießen...







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen